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KLOSTERKIRCHE DER AUGUSTINER EREMITEN
Als die Augustinermönche im 13. Jahrhundert in die aufstrebende Stadt Grimma kamen, bauten sie die Saalkirche ihres Gothaer Mutterklosters nach: schlicht, turmlos, aber mit charakteristischem Dachreiter und hohem Stufengiebel (1430). Es war die erste Kirche eines Bettelordens auf heutigem sächsischen Grund. Mit den Predigtmönchen verließen die Zisterzienserinnen die Stadt und zogen vor die Tore nach Nimbschen. Erst wenige Jahre zuvor gründeten die Nonnen ein bis heute erhaltenes Hospital am Baderplan, welches der heiligen Elisabeth von Thüringen gewidmet war.
Im 14. Jahrhundert riss ein Hochwasser Teile der Kirche mit. Einhundert Jahre später zerstörte ein Brand das Gebäude. Umgehend begann der Neubau des jetzigen Sakralbaus. Die Klosterkirche wurde 1435 neu geweiht.
Das eindrucksvolle Bauwerk umfasst bei einer Mauerstärke von fast eineinhalb Metern eine Länge von mehr als 54 Metern. Die Kirche ist durchschnittliche zwölf Meter breit und hat eine Höhe von 19 Metern.
Der Prangerstein befindet sich am Originalstandort, ursprünglich in 1,80 Meter Höhe.
Durch die Aufschüttung der Stadt im Zuge des Hochwasserschutzes verschwand der Stein fast komplett unter der Erde. Es ist noch ein Kopf mit einer Zipfelmütze zu sehen, eine sogenannte Sportfigur. Zu dieser gehörte auch ein Halseisen. Bürgerinnen und Bürger der Stadt wurden durch Anketten für Vergehen bestraft. Es ist kein Stein der zur Sühne eines Totschlages und als Teil einer Sühnevereinbarung gesetzt wurde.
Das Giebelkreuz der Kirche wurde 1991 durch eine Nachbildung ersetzt.
Das Original aus dem Jahr 1686 befindet sich im Hof des benachbarten Kreismuseums. Die Kopf- und Balkenenden des Kreuzes erinnern an Tatzen.
ZEUGIN DER REFORMATION
Martin Luther besuchte die Stadt mehrfach und überzeugte in der Klosterkirche die Kirchgänger mit seinen aufrührerischen Predigten. Der Reformator nannte sie einst einen „Brustbrecher“, da die Stimmen von der Kanzel vom großflächigen Saal nahezu verschluckt wurden. Luthers Umtriebigkeit führte bald dazu, dass die Protestanten die Oberhand in Grimma gewannen. Bei einem seiner Besuche Grimmas traf die Nachricht ein, dass Johann Tetzel in Wurzen Ablassbriefe verkaufe, selbst für Sünden, die noch nicht begangen wurden. Das war für den zornigen Luther zu viel. Bei einer Predigt in der Klosterkirche kritisierte er die päpstliche Ausbeute mit den Worten “Nun will ich der Pauke ein Loch machen“. Die Kritik war ein Jahr später Anlass für seine 95 Thesen, die die Reformation 1517 ins Rollen brachten. Grimma galt als ein lutherischer „Stützpunkt“ inmitten des altgläubigen Herzogtums. Die Reformation vollzog sich in der Stadt sehr früh. Schon 1522 begannen die Mönche das Kloster zu verlassen. Im selben Jahr wurde eine der ersten Ausgaben der Übersetzung des Neuen Testaments von Martin Luther in Grimma gedruckt. Als 1541 die letzten Mönche des Augustiner-Eremiten-Orden auszogen, verlor die Klosterkirche ihren ursprünglichen Verwendungszweck.
Im Schloss Grimma wurde 1443 Herzog Albrecht der Beherzte geboren. Ein Prinz aus dem Hause Wettin. Nach dem Tod des Vaters und dessen Brüdern teilten sich die Geschwister Albrecht und Ernst das Land. Ende des 15. Jahrhunderts gehörten Stadt und Amt Grimma zum ernestinischen Teil Sachsens. Mit Trebsen und Colditz bildete dieser Landstrich eine Enklave zwischen den albertinischen Herzogtümern um Meißen und Naumburg. In Kursachsen setzte sich die Reformation schneller durch, als im herzoglichen Teil von Sachsen. Bereits 1520 predigten die Pfarrer in den Kirchen um Grimma schon lutherisch. Die Nonnen in Nimbschen bekamen schnell Wind von den neuen Ansichten. Im Jahr 1523 gelang Katharina von Bora gemeinsam mit weiteren Nonnen die Flucht aus dem Kloster. In Wittenberg angekommen, heiratete sie später Martin Luther. Das Augustinerkloster in Grimma und das Kloster Marienthron Nimbschen lösten sich auf.
Philipp Melanchthon besuchte gemeinsam mit Martin Luther mehrfach die Stadt. Er hielt in Grimma Ausschau nach geeigneten Gelehrtennachwuchs. Bei seinen Visiten schwärmte er: „Er hätte in der Mark Meißen keine schönere Stadt gesehen. Grimma sei eine Pracht“. Im mittleren Ostgiebelfenster der Kirche sind lebensgroße Bildnisse von Melanchthon und Luther zu sehen. Die leuchtenden Glasfenster aus dem späten 19. Jahrhundert kamen erst 1996 in die leere Kirche. Der Pfarrer Helmut Berthold, ein ehemaliger Fürstenschüler, stellte das Fenster sicher, als im Osterzgebirge eine Schule abgerissen wurde, in der sich das Fenster einst befand.
Nach der Reformation richtete Magdalena von Staupitz auf Bestimmung der Visitatoren im Jahre 1529 die erste Mädchenschule weit und breit ein. Magdalena gehörte zu den Nonnen, die 1523 aus dem Kloster Nimbschen flohen. Nach mehreren Umbauten erhielt das Haus 1841 ihr heutiges Aussehen, rund 50 Jahre später übersiedelte die Schule in die neue Bürgerschule. Im Jahr 1901 gründetet der "Geschichts- und Altertumsverein zu Grimma" im Gebäude ein Museum.
Kirche der Landes- und Fürstenschule
Nachdem der letzte Augustiner-Eremiten-Mönch 1541 sein Bett räumte, stand das Kloster leer, bis sich der Kurfürst Moritz von Sachsen im Jahr 1550 dazu entschloss, das Gotteshaus samt nebenstehendem Kloster als dritte sächsische Landes- und Fürstenschule zu errichten. Bis 1937 fungierte die Klosterkirche als Schulkirche. Auf drei Emporen an der Nordseite saßen die Schüler der Landes- und Fürstenschule. Die wohlhabenden Grimmaer hatten in den Anbauten an der Südseite ihr separates Betstübchen.
Der berühmte Kirchenlieddichter Paul Gerhardt kannte die Kirche. Von 1622 bis 1627 drückte er in der Landesschule, dem jetzigen Gymnasium St. Augustin zu Grimma, die Schulbank. Der Schüler blieb während der Pest in Grimma, obwohl die meisten Knaben die Stadt verließen.
Die barocke Kanzel fand einen neuen Platz in der St. Katharinenkirche in Annaberg-Buchholz. Sie wurde 1998 eingebaut. In der Trebsener Kirche befindet sich die Altarplatte aus dem Jahr 1686.
Die um 1896 errichtete Orgel der Orgelbau-Anstalt Emil Müller aus Werdau wurde 1959 instandgesetzt. Im Jahr 1989 war die Orgel restlos verschwunden. Die Kirche erfuhr eine schlechte Sicherung gegen Einbruch. Die wertvollen Orgelpfeifen landeten beim Schrotthandel.
Die Klostergangsage und der goldene Kelch
Um den Kelch rankt sich eine uralte Sage. Danach fand Adam Siber, der erste Rektor der Landesschule von 1550 bis 1584, einen unterirdischen Gang, der in gemeinsamer Arbeit von den Nimbschener Nonnen und Grimmaer Mönchen gegraben, von der Schule zum Kloster Nimbschen führen sollte. Bei der Erkundung des Ganges traf Siber auf zechende Mönche, die ihm zu verstehen gaben, dass er umkehren solle, um die Toten ruhen zu lassen. Um den Worten Nachdruck zu verleihen, erhielt Siber einen Kelch. Der Rektor zog sich rasch zurück. Hinter ihm brach der Gang zusammen. Dieser auf 1519 datierte silbervergoldete Kelch wurde bis ins 20. Jahrhundert zweimal im Jahr zu den Abendmahlsfeiern der Angehörigen der Landessschule am Sonntag Exaudi und zum Reformationsfest genutzt. Heute lässt sich der Kelch im angrenzenden Grimmaer Kreismuseum begutachten. Darauf abgebildet sind Christus am Kreuz, die heilige St. Anna und Maria mit dem Jesuskind.
Schallgefäße
In den Mauern der Kirche lassen sich eine Vielzahl von Schallgefäßen erkennen. Diese sind fest mit dem Mauerwerk verbunden und die Öffnung der Gefäße zeigt in den Kirchenraum. Um die Akustik der Saalkirche zu verbessern, ließen die Augustiner-Eremiten die Gefäße im oberen Wandabschluss einmauern, da diese den Schall verstärken sollten.
Der Ritter an der Westwand
An der Wand im westlichen Teil der Kirche befindet sich ein Denkmal aus Rochlitzer Porphyr. Zu sehen ist ein Mann in Plattenrüstung, der auf den Wappenschildern der Haubitz und Birkicht steht. Das Denkmal ist vermutlich im 15. Jahrhundert entstanden, gedenkt an Katharina und Hans von Haubitz und steht für eine der seltenen Arbeiten zu jener Zeit.
Umbau, Verfall und Neuanfang
Der ursprünglich sehr dicht über die Wölbung des Schiffes verzimmerte Dachstuhl stellte den Grund für die schlechte Akustik der Kirche dar. Durch eine im Jahr 1617 neu eingezogene, leicht gewölbte hölzerne Bretterdecke verbesserte sich die Akustik wesentlich. Ebenfalls im 17. Jahrhundert erfolgte eine weitere Umgestaltung: Es wurden dreigeschossige hölzerne Emporen eingebaut, die Kanzel errichtet und ein Kreuzgratgewölbe aus Holz eingefügt.
Eine Sanierung des Innenraumes erfolgte 1959/60. Jedoch wurde die Kirche in den darauffolgenden Jahren nur selten für Gottesdienste der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde zu Grimma genutzt. Ab 1975 verfiel die Kirche aufgrund von sich ausbreitendem Hausschwamm zunehmend, so dass sie gesperrt werden musste. 1989 fiel der Rest des Dachstuhles von 1435 zusammen.
Die Rettung kam nach der deutschen Wiedervereinigung. So erhielt die Klosterkirche im Jahr 1992 einen Stahldachstuhl, welcher ein ortsansässiger Anlagenbaubetrieb zusammenschweißte. Bezahlt wurde dieser mit DDR-Mark. Seit 1993 bedecken 20.000 rote Krempziegel das rund 1670 Quadratmeter große Dach. Ein Neuanfang: Das riesige Auditorium mit einer Gesamtausdehnung von 11.000 Quadratmetern wird als kulturelle Veranstaltungshalle für Konzerte und Märkte genutzt.
HUNDERTE PORTRÄTSFOTOS ERLEUCHTEN DIE KLOSTERKIRCHE
Am Westflügel über der ehemaligen Empore der Kirche schwebt jetzt eine künstlerische Lichtinstallation, welche der Kunst- und Fotoverein Grimma zur Thematik „Grimma und die Hochwasserfluten“ anfertigen ließ. Auf dem Bild sind die durch die Jahrhundertflut 2002 zerstörte Pöppelmannbrücke und das Gymnasium St. Augustin zu Grimma zu sehen. Bei näherem Betrachten lassen sich auf der Mosaikfotografie 1035 Porträtfotos erkennen, welche die Fluthelfer*innen zeigen.
Details Altar
Mindestens zehn Altäre standen einst in der Kirche. Im 17. Jahrhundert wurde die Kirche umgestaltet. Einzig der Hauptaltar blieb bestehen, der Lettner, eine räumliche Abtrennung, wurde abgerissen. Drei Figuren der hölzernen Kreuzigungsgruppe, die sich darauf befand, wurden gerettet und können im Museum besichtigt werden.
Klosterschatz
Der Grimmaer Rathsherr Caspar Thiele (1537-1622) stiftet der Klosterkirche eine goldene Kanne mit Engelsfigur.
Die Hostiendose wurde ab 1694 immer zu Ostern der Grimmaer Bevölkerung gezeigt. Ein Grimmaer Bürger spendete das Kästchen, das die Aufschrift „Dein Fleisch Jesu nähre mich mit dir zu leben ewiglich trägt“.
Die Schätze können im Kreismuseum bestaunt werden.