Wer nur ab und zu das ehemalige Rittergut Kössern besucht, geht jedes Mal überrascht und erfreut nach Hause: Er erlebt fast Seltsames - denkmalpflegerische Fortschritte, die jetzt im Lande wenigstens recht selten sind, wenn sie bemerkt werden, so sind es spektakuläre Objekte und kaum einmal die ebenso wichtigen, nur scheinbar „alltäglichen“. Die auffälligen Veränderungen kommen in Kössern durch das große, vielseitige Engagement des Eigentümers zustande. Dort kann erlebt werden, dass eine intakte Rittergutswirtschaft am Ende des vorletzten Jahrhunderts ein leistungsfähiger, traditionsbewusster, gepflegter, kapitalistischer, agrarischer Großbetrieb war. Er versank in den Wirren nach dem II. Weltkrieg. Der Gutskomplex entstand wieder und erhielt andere, gegenwärtige, sinnvolle Nutzungen. Immer gehörte dazu neben dem Herrenhaus und den Wirtschaftsgebäuden in der Nähe ein kleiner Park, der der geselligen Unterhaltung wie der Repräsentation diente. Hier hatte es sich gerade aufgedrängt, dazu den sonnigen Hang zur Muldenaue zu nutzen, um den weiten Blick über Flusslandschaft genießen zu können. Er bestand bis zum Ende der Rittergutszeit und wurde wie die Anlage devastiert, verlor seine Gestalt und wurde überwuchert. Nachdem das Herrenhaus und die überlieferten Wirtschaftsgebäude saniert und maßvoll restauriert waren, wand sich der Eigentümer der Umgebung zu und fand auch dabei die umfassende fachliche Unterstützung durch Günter Unteidig. Der einst terrassierte Hang zur Mulde hin wurde wieder belebt, bepflanzt und neu gestaltete. Durch den allgemeinen Klimawandel bedingt, gedeihen an der südexponierten Längsfront Weinstöcke. Dort gibt es auch Hinweise darauf, dass die beiden jetzt parallel zueinander stehenden Gebäude verbunden waren.
Eine Pflanzung von Platanen wird bald Schatten bringen. Das große Parterre vor dem Westgiebel des Hauses musste sehr gründlich beräumt werden, dabei kamen eine Mauer, Rampe und ein Wasserbassin wieder zum Vorschein. Die Fläche wurde wieder begrünt, so gestaltet und bepflanzt, wie sie vor 100 Jahren aussah! So eine Anlage sah immer gut aus - durfte aber auch nicht sehr viel Mühe machen. Jetzt hat sie ein ungleich höheres gärtnerisches Niveau. Als sich der sächsische Oberhofjägermeister von Erdmannsdorff oberhalb des alten Dorfes um 1720 mit seiner sehr umfangreichen Jagdresidenz etwas Einmaligen schuf, gehörten zum Jagd- und Kavalierhause auch ein Gasthof, vor allem aber ein sehr geräumiger Barockgarten. Eine hohe, erhaltene Bruchsteinmauer umschließt eine Fläche von 2 ha, die als „Lustgarten“ gestaltet war. Darin standen gleich zwei hohe Obelisken als eine Ehrenpforte.
Diese historischen Zeugen kennt man aus dem Neuen Ägyptischen Reich, die als steingewordene Strahlen des Sonnengottes verstanden wurden. Sie wurden und werden zur Erinnerungen an Ereignisse und Persön-lichkeiten aufgestellt. Eine Siedlung von 35 „Typenhäusern“ in zweierlei Grundrissen wurde gebaut, so dass es im Dorf sogar einen Chirurgen und einen Jagdmaler gab. Eines dieser Häuser steht äußerlich kaum unverändert bis heute. Zur gleichen Zeit, als das Jagdhaus gebaut wurde, richtete man in Sachsen Obelisken als Postdistanzsäulen auf.
Jahrzehnte lang hatten die demontierten Sandsteinblöcke der Obelisken nahe des Jagdhauses gelegen und entgingen so der Zerstörung. Ein verwilderter Waldteil nahe des Ritterguts wurde durch das maßvolle Öffnen der verwachsenen Sichtachsen wieder in den Teil eines Landschaftsparkes verwandelt und darin die zurückhaltend restaurierten Obelisken in einem kleinen Rondell aufgestellt. Im Sinne des späten 18. Jahrhunderts sind die maßvoll restaurierten Monumente als „Ouvertüren“ für den Park, als „steingewordene Strahlen des Sonnengottes“ wieder aufgestellt, die vergoldeten Kugeln darauf vervollkommnen die erdachte Offenbarung. Gefühlsbetonte Betrachter des Parks betreten ihn aus dem Wäldchen heraus. Die Anlage ist zu besuchen und zu betrachten. Der Eigentümer des Parkes erwartet von seinen Gästen, dass sie sich als Gäste und nicht als Rowdys benehmen! Unser kulturelles wie Geschichtsverständnis befindet sich auf einem sehr niederen Niveau. Dauerhaft wirkende historischen Betrachtungen sind dringend nötig, denn wir leben mehr oder weniger geschichtslos, ausschließlich in der Gegenwart, die kein historisches und ebenso wenig Naturverständnis auszeichnet.
© Stadt Grimma/ArchivIn den jüngsten Wahlprogrammen der Parteien fehlte eine halbwegs umfassend verstandene „Kultur“ fast vollkommen und wenn sie überhaupt auftauchte, wurde sie höchstens lückenhaft und oberflächlich verstanden. Das zu begreifen fällt uns nach den vorherigen Verhältnissen in einer ungleich ärmeren Gesellschaft schwer! Die Überbetonung des Gewinnstrebens und den Verzicht auf anspruchsvollen Kultur- und Kunstgenuss, müssen wir als ein allgemeines gesellschaftiches Defizit mit recht weit reichenden negativen Folgen verstehen! In Sachsen gibt es eine Auswahl von 19 „Urlaubsdörfern“, die alle durch sehr verschiedenen kulturellen Leistungsangebote ihrer engagierten Einwohner auffallen! In Grimma handelt es sich um Höfgen und Kössern. In Kössern mit seinen ausgeprägten, weit zurückreichenden kulturellen Traditionen gibt es gleich an zwei Stellen recht verschiedene kulturelle Angebote. Dabei wird mehr an einen individuellen „Erlebnistourismus“ gedacht und nicht an einen ökonomisch verstandenen Massentourismus. Die Angebote sind nicht ohne „Gastronomie“ denkbar und die muss ländlich wie individuell sein die gibt es an den Wochenenden den Sommer über zur Auswahl: Hier spielen die einmalige adelig-ländliche Kultur des Dorfes und der perfekt erschlossene älteste Forst der Welt die entscheidende Rollen. Ebenso wie die abwechslungsreiche, kulturvolle Flusslandschaft.