Herr Schlutzkus, seit fast zwei Jahren sind Sie nun Geschäftsführer der Stadtwerke Grimma GmbH. Sie haben den Job in einer Zeit übernommen, als die Corona-Pandemie die Gesellschaft beschäftigte und der Krieg in der Ukraine ausbrach. Die plötzlich enormen Kosten- und Preissteigerungen waren vermutlich auch für Sie eine Herausforderung, oder?
Das ist richtig, wobei die Auswirkungen durch Corona nicht so zu spüren waren. Die Auswirkungen der Energiekrise und des Ukraine-Krieges waren dagegen eine Herausforderung. Hilfreich war dabei auf jeden Fall meine jahrelange Erfahrung bei der eins energie Sachsen GmbH, die Gesellschafter der Stadtwerke Grimma sind. Dadurch konnten wir an den richtigen Stellen größeren Schaden abwenden. An den Gegebenheiten des Marktes können wir allerdings nichts ändern und so mussten die Kostensteigerungen 1:1 an die Kunden weitergegeben werden, weil im Vorfeld nicht alle Mengen zu den günstigen Konditionen des Vorkrisenniveaus eingekauft wurden. Das führte dazu, dass wir im weiten Umfeld mit zu den teuersten Energieversorgern zählten. Wir haben die Beschaffungsstrategie geändert, so dass wir in diesem Jahr deutlich günstiger sind und problemlos mit anderen lokalen Anbietern mithalten können bzw. sogar günstiger als diese anbieten können.
Die Stadtwerke Grimma haben ca. 2.000 Endkunden, vom Einfamilienhaus bis hin zu größeren Unternehmen. Wie sieht die Preisentwick-
lung für diese aus?
Die Kosten für die Kunden berechneten sich in der Vergangenheit aufgrund der Konditionen der Beschaffung von Strom und Gas 1 bis 2 Jahre vor dem Lieferzeitpunkt. Wir sprechen hier von einer kontinuierlichen Beschaffung. Das führte in 2023 zu den sehr hohen Endkundenpreisen, da diese aus den Beschaffungskosten der Jahre 2021 und 2022 resultieren. Mit dem Absinken des Börsenpreisniveaus in 2024 und der deutlichen Reduzierung einer langfristigen Beschaffung in den Jahren zuvor konnten unsere Preise 2024 wieder deutlich reduziert werden. Der Strom für Neukunden kann mittlerweile wesentlich günstiger eingekauft werden, wohingegen die Abnahmemengen für die Bestandskunden bereits vor 1 bis 2 eingekauft wurde. Die Preisentwicklung hängt aber trotz der Reduzierung der langfristigen Beschaffung dem Marktgeschehen hinterher. Daher appelliere ich an unsere treuen Kunden, bei uns zu bleiben. Die Preise gleichen sich wieder an, denn für 2024 können wir die Preise für Strom 2024 zu fast der Hälfte des Preises 2023 bei 35,5 Cent brutto pro kWh anbieten.
Auch der Gaspreis ist gefallen. Wir liegen beim Börsenpreis fast wieder auf Vor-Krisen-Niveau. Ob diese Entwicklung von Dauer ist und welche Auswirkungen politische Entscheidungen haben, wäre allerdings ein Blick in die Glaskugel. Falls sich aber diese Preisentwicklung verstetigt, wird sich das in weiter sinkenden Preisen 2025 widerspiegeln.
Erneuerbare Energien sollen die fossilen Brenn- stoffe ersetzen. Wie sehen Sie die Entwicklung und was bedeutet dies für die Stadtwerke Grimma? Wie sind die Stadtwerke Grimma beim
Thema Ökostrom aufgestellt?
Die Stadtwerke Grimma sind zu 51 Prozent an der Netzgesellschaft Grimma beteiligt, welche Eigentümerin der Strom- und Gasnetze der Großen Kreisstadt Grimma ist. Hier stehen wir vor der Aufgabe, die Netze an die sich ändernden Anforderungen im Rahmen der Energiewende anzupassen. Das führt im Stromnetz zu deutlich steigenden Investitionen, beim Gasnetz hingegen ist ein Rückgang wahrscheinlich und wirtschaftlich geboten. Die Investitionen in den Stromnetzausbau sowie in den Ausbau der Erneuerbaren Energien kommen beim Endkunden über steigende Netzentgelte Strom an.
Wir alle wissen, dass der Strom aus Erneuerbaren Energien über das Jahr gesehen nicht entsprechend des Strombedarfs erzeugt werden kann und deshalb Strom aus anderen Ernergieträgern wie bspw. Kohle oder Gas erzeugt werden muss. Das wird auch noch lange so bleiben. Ich gehe zudem davon aus, dass Gas als Energieträger für die Wärmeerzeugung perspektivisch an Bedeutung verlieren wird und auch dadurch der Strombedarf bspw. für Wärmepumpen aber auch für Elektromobilität steigen wird.
Um Ökostrom anzubieten, kann man als Energieversorger sogenannte Herkunftsnachweise von zertifizierten erneuerbaren Erzeugungsanlagen erwerben. Diese sagen allerdings nichts darüber aus, woher der Strom aus meiner Steckdose tatsächlich kommt. Wohne ich in einem Gebiet, das vorrangig durch fossile Brennstoffe versorgt wird, fließt dieser Strom zu mir – selbst wenn ich für Ökostrom bezahle. Im Gebiet der MITNETZ STROM, in dem auch wir uns befinden, wird bereits jetzt auf Jahressicht mehr Ökostrom erzeugt als Strom durch private Endkunden verbraucht wird.
Die Zertifikate haben die Stadtwerke Grimma daher aktuell nicht mehr im Angebot, da diese aufgrund ihrer hohen Preise zu höheren Strompreisen führen würden. Und wir haben in den letzten Jahren festgestellt, dass es den Kunden weniger um die Tatsache Ökostrom-zertifiziert als um den tatsächlichen Strompreis geht. Dennoch be- halten wir das Thema im Blick.
Wie sorgen Sie dafür, dass die Stadtwerke Grimma GmbH zukunftsfähig bleibt?
Die Netze sind das entscheidende Standbein eines Energieunternehmens. Für die Zukunft sehe ich die Stadtwerke Grimma als stabilen kommunalen Energieversorger der Region – vor allem für die Bürger und Unternehmen in Grimma ist dies eine wichtige Stütze der Daseinsfürsorge. Und da sind wir beim zweiten Standbein – dem Endkundenge- schäft mit dem Vertrieb von Strom, Gas und Wärme. Zudem halte ich es für wichtig, dass die Stadtwerke Grimma die Gemeinschaft vor Ort unterstützen. Daher beteiligen wir uns als Sponsor beim Muldental-Triathlon, dem Volleyballverein Grimma, dem Jugendblasorchester Grimma sowie bei zahlreichen Veranstaltungen wie zum Beispiel der 1050-Jahr-Feier in Nerchau.
Vielen Dank für das Gespräch.