© Gerhard Weber Eines Tages meldeten einige Schüler dem Rektor, dass in einem Winkel des Kreuzganges Kirchengesang zu hören sei. Der Rektor glaubte dies nicht. Doch als er selbst Nachforschungen anstellte, konnte er den Gesang mit eigenen Ohren hören. Schließlich entdeckte man auch noch den Eingang zu einem unterirdischen Gang. Daraufhin stieg der Rektor mit einigen älteren Schülern gut ausgerüstet hinab. Plötzlich stand eine Gestalt in Mönchskutte vor ihnen und fragte: "Was sucht ihr hier?"
... "Wir wollen den Gang erforschen", antwortete der Mutigste.
Die Gestalt erwiderte: "Kehrt um oder es nimmt ein böses Ende für Euch!" An jeder weiteren Biegung wiederholte sich das Spiel. Mit einmal standen sie in einem großen Raum: in der Mitte ein Tisch mit Kerzen, darum schwarz verhüllte Gestalten mit Totengesichtern. Die Schüler und ihr Rektor hatten sich kaum vom Schreck erholt, als sich eine der Gestalten erhob und mit ernster Miene zu ihnen sprach: "Stört nicht mehr die Ruhe der Toten, sonst seid ihr selbst des Todes! Und dies nehmt zum Andenken mit!" Er holte unter seiner Kutte einen eingewickelten Gegenstand hervor und übergab ihm dem Rektor. Im gleichen Augenblick erloschen alle Lichter. Mit Mühe fanden die Eindringlinge zum Gang zurück. Ein immer lauter werdendes Knirschen und Krachen im Gewölbe verriet ihnen, dass der Gang am Einstürzen war. Kaum hatten sie das Tageslicht erreicht, als er auch schon mit großem Getöse zusammenbrach. Neugierig wickelten sie den geheimnisvollen Gegenstand aus. Wer beschreibt ihre Überraschung, als sie einen kunstvoll gearbeiteten vergoldeten Silberkelch in ihren Händen hielten. Der Tunneleingang ist nicht wieder gefunden worden, der Kelch aber blieb erhalten und ist noch heute im Museum zu bewundern.
Wer mehr über die Sagen Grimmas erfahren möchte, der sollte an der Sagenführung teilnehmen. In der Bibliothek kann das Sagenbuch der Stadt Grimma ausgeliehen werden.