Gründungsgeschichte und Dr. Köhler
Das sandige Gebiet um den „Kluftberg“ gehörte dem Böhlener Rittergutsbesitzer Paul Jakob, der in der Krisensituation der späten 1920er Jahre dazu gezwungen war, das unfruchtbare Land zu veräußern und den Besitz in Geld zu verwandeln. Es wurde durch den hier bestens bekannten Landvermesser Wildenhain vermessen, parzelliert und ein Leipziger Makler damit beauftragt, dieses Land zu verkaufen. Der erste Siedler war ein Leipziger. Ihm folgte als Dritter der im Osten Leipzigs praktizierende, sozial engagierte Arzt Dr. Köhler. Der größere Teil des Grundstückes schloss sich westlich daran an. Er schuf sich 1924 mit einem Montageblockhaus und einem Landschaftsgarten seine Welt. Das Grundstück ließ er 1934/35 mit der bekannten hohen Bruchsteinmauer einfrieden, wenigstens anfangs hat er selbst daran mit gebaut. Die damals bekannte Grechwitzer Baufirma Hahn stellte den dafür so berufenen wie ausdauernden Bruchsteinmaurer Gey zur Verfügung. Im Bruch Metzner unterhalb der „Schönen Aussicht“ hinter dem Schlachthof wurden die dazu nötigen Steine gebrochen. Ein prächtig aufgewachsener Tulpenbau ziert bis heute diese gärtnerische Idylle. Zu der gehört eine blau blühende Catalpa, wie ein hoher Ginkgobaum, Edelkastanie, Schwarzkiefern und unterdessen hoch gewachsene Lebensbäume gehören dazu. Die ersten Obstbäume von 1934/35 sind nach 70 Jahren nur noch teilweise vorhanden. Einen Weg, der zu einem sehr schönen Sitzplatz am Hang hinabführt, legte der Kunstfreund auch an, es folgte eine große Pergola und an der unteren Ecke das „Salettel“. Die Parkbauten brauchten die heiter-geselligen Eigentümer, konnten sie aber nur bis zum Beginn des Krieges wirklich nutzen. Die „Höhle“ am Fuße des Kluftberges ließ sich Herr Dr. Köhler sprengen, seine Idee, dort seinen Bootsschuppen einzurichten, misslang leider. Den großen Besitz pflegte bis 1991 die liebenswürdige, allen sympathische Frau Köhler ungeteilt, auf dem sie bis zu ihrem Lebensende so fleißig wie unermüdlich, oft bis zu ihrer Erschöpfung arbeitete. Nach den ersten folgten weitere Grundstücks-Interessenten am Kluftberg sodass schließlich auch der Ginsterberg parzelliert wurde. Mit unendlich viel Mühe wurde das sandige Land in verschiedener Weise durch die fleißigen, meist vermögenden Eigentümer kultiviert und nach ihren Vorstellungen gestaltet.
und ihr Fortgang
Bis zum Beginn des 2. Weltkrieges entstand die wohl erste „Wochenend- und Datschensiedlung“ im Leipziger Raum, gestaltet mit sehr verschiedenen Nutzungsideen – etwas abseits gelegen zu der Werkssiedlung „Kamerun“ und dem kleinen Bauerndorf Bahren. Auf den Grundstücken tobte man sich praktisch wie schöpferisch und gestalterisch aus. Neben Blumen und Obstbäumen wuchs bald vor allem Gemüse, darüber entschied die wechselvolle Ernährungssituation. In der Kriegszeit kam von Bahren aus manche “Ergänzungsnahrung“ nach Leipzig. Das Lebensmittelgeschäft zu pflegen lernten die Bauern schnell, die oft mit Fuhren und anderen Hilfen engagiert wurden. Am Anfang war das meist bescheidene Bauen frei von einfachen gestalterischen Reglementierungen. Einzelne Wochenendhäuser begannen zu „versteinerten“ zu anfangs bescheidenen Wochenend-Wohnhäusern, in denen auch in Leipzig „Ausgebombte“ eine Bleibe fanden. Aufgekommene Bäume verdecken jetzt viel bauliche Leistung, die nicht immer Glanzleistungen sind. Wer nicht schon mit seinem Auto ankam, reiste per Eisenbahn bis Dorna oder Grimma an.
Das in die Siedlung auch exportierte gesellige Großstadtmilieu mit seinen Problemen beeindruckte die Einwohner und färbte teilweise auf sie ab. In den frühen 30er Jahren mussten schon die ersten Häuschen in die Aue gebaut werden, denn das „Oberland“ war verkauft. Nach der Flutkatastrophe von 1954 wurden die Gebäude meist so wie vorher wieder aufgebaut, etliche aus den Erfahrungen heraus gestelzt auf Betonpfählen errichtet. Später wurden etliche zu anspruchsvollen Zweitwohnungen. In verstärktem Maß setzte sich das Bauen und Ausbauen seit dem Ende der 1960er Jahre ein und erlangte einen großen Aufschwung. Dazu kam die Bebauung rund um den Fuß des Ginsterberges zum Dorf hin gelegen, denn die Bauplätze reichten längst nicht aus. Individuelle Tendenzen sind nach 1990 verstärkt zu sehen. Die Hochwasser von 1954 und 2002 betrafen die Häuschen und Häuser in der Muldennähe. Die meisten wurden wieder aufgebaut. Längst sind die Folgen der jüngsten Katastrophe getilgt, in der Muldennähe wurden die geschotterten durch asphaltierte Wege ersetzt.
zur Namensgebung
Die hier älteste Muldenfähre mit einer Tradition von deutlich mehr als 2000 Jahren war die an der Böhlener „Klingenfurt“. In den 1930er Jahren wurde sie von der Familie Bär betrieben und da es im Ort mehrere Bärs gab, betrieben sie die „Muldenbärs“. Herr Bär setzte nicht nur nach Dorna über, er war in der Lage, mit den kollegial verbundenen Partnern auch Fahrgäste nach mehreren Umsteigen von Nerchau nach Nimbschen/Höfgen und zurück zu befördern. Er veranstaltete zwischen den Wehren für die Gäste aus Leipzig abendliche „Lustfahrten“. Dabei agitierte er: warum zum Rhein fahren, um „die Loreley“ zu sehen – der Kluftberg ist ebenso romantisch und außerdem greifbar! Augenzwinkernd wurde die Argumentation akzeptiert, der neue Name mehr auf das ganze Gebiet übertragen, das bis dahin namenlos war. Am Ende des 2. Weltkrieges wurden die Kähne der Böhlener Seilfähre gesprengt und nie wieder erneuert. Daran erinnert jetzt nur noch das hohe, ehemalige Fährhaus. Die eiserne Verankerung der Fähre verschwand vor ein paar Jahren unter einer Erdaufschüttung. Die Fährlinde auf dem Dornaer Ufer vermorschte längst, eine Nachpflanzung am gleichen Ort kam nicht hoch, die Rinde schmeckte den Bibern zu gut.
Rudolf Priemer
Geschichts- und Altertumsverein